Burger King macht Ernst in Sachen Shitstorm Management

Burger King Reaktion zum Wallraff-Shitstorm auf Facebook

Dieser Post wurde zuletzt am 19.11.2014 um 10:25 Uhr überarbeitet.

Burger King Deutschland macht in Sachen Shitstorm-Management eine echte Ansage, wie die W&V berichtet. Deutschland-Chef Andreas Bork höchstpersönlich entschuldigt sich in einem Werbespot für die Nichteinhaltung eigener Standards. Der Entschuldigung schiebt er die Ankündigung eines umfangreichen Maßnahmen-Pakets hinterher:

  • Deutschlandweit werden in Zukunft alle Burger King Restaurants unangekündigten Kontrollen durch den TÜV Süd unterzogen.
  • Zusätzlich werden eigene Kontrollen durchgeführt.
  • Es wird einen Gästebeirat geben.
  • Der verantwortliche Geschäftsführer des Franchise-Lizenznehmers Yi-Ko-Holding wurde abgesetzt.
  • Die Geschäftsführung der Yi-Ko-Holding obliegt ab sofort Burger King Deutschland selbst.
  • Die Mitarbeiter der Yi-Ko-Holding werden mit sofortiger Wirkung nach Tarifvertrag entlohnt.
  • Man will beweisen, dass alle Burger King Mitarbeiter mit vollem Einsatz für die Zufriedenheit der Kunden arbeiten.

 

Die Fastfood-Kette war nach einer Dokumentation bei RTL in der Sendung „Team Wallraff – Reporter Undercover“ wegen bedenklichen unhygienischen und Mitarbeiter-unfreundlichen Zuständen beim Lizenznehmer Yi-Ko-Holding in die öffentliche Kritik geraten. Der Spot ist eine Maßnahme, die sich mehreren Interviews in traditionellen Medien wie Bild, RTL, Süddeutsche Zeitung und Rheinische Post angliedert. Zudem werden die Statements des deutschen Burger King Geschäftsführers über die verfügbaren eigenen digitalen Kanäle, also Facebook, YouTube und (laut W&V) über die eigene Homepage verbreitet.

Burger King Reaktion zum Wallraff-Shitstorm auf Facebook

Burger King Reaktion zum Wallraff-Shitstorm auf Facebook

Positiv ist:

  • Burger King holt mit dem TÜV Süd eine unparteiische Organisation ins Boot um damit neue Glaubwürdigkeit bei den Kunden zu erzielen.
  • Die Kunden selbst werden in einem Beirat angehört, und können so hoffentlich die Unternehmenspolitik mitbestimmen. Das wäre deutschlandweit erst der zweite mir bekannte Fall einer solchen Maßnahme. Zuvor hat es das bei Nestlé gegeben. Mit dieser Maßnahme wäre Burger King Deutschland eines der wenigen Unternehmen, die sich an die Vision einer „radically public company“ nach Jeff Jarvis annähern.
  • Mit der Maßnahme Ergün Yildiz von der Yi-Ko-Holding zu entfernen wurde die derzeit sichtbarste Wurzel des Übels aus dem operativen Geschäft des Konzerns entfernt.
  • Man geht mit allen Kanälen die man hat (Own / Paid Media) in die Gegenoffensive, und versucht so der durchaus substanziellen Nachricht eine angemessene Bekanntheit zu verleihen. Ob das Social Media Echo (Earned Media) die Meldung weiter verbreiten wird, bleibt spannend.
  • Zudem wurde die gegensteuernde Nachricht zuerst bei RTL, also dem Kanal in dem die Fehltritte bei Burger King initial bekannt wurden, eingestreut. So können diejenigen, die an dem Shitstorm zuerst teilgenommen haben von einer Besserung bei Burger King überzeugt werden, die Nachricht darüber in ihren Netzwerken teilen und somit die Empörungswelle „von hinten“ aufrollen. Eine Gegenbewegung in Form einer kaskadenartigen Verbreitung der gegensteuernden Nachricht über exakt die selben Knotenpunkte im sozialen Netzwerk, die auch der Shitstorm zuvor genommen hat, ist somit am wahrscheinlichsten.
  • Die Meldung ist eine Minute lang und damit kurz. Die wichtigen Punkte sind damit kurz, knackig und prägnant verpackt. Das ist gut, da die Aufmerksamkeitsspanne besonders für Webvideos  sehr kurz ist. Nach einer Studie von TubeMogul brechen im Durchschnitt mehr als als die Hälfte der User Webvideos nach 60 Sekunden ab. Bei Werbespots wird sich dies ähnlich, wenn nicht noch drastischer gestalten.

Zwei kleine Punkte haben mich dennoch zum grübeln angeregt :

  • Wie diplomatisch ist es, dass Burger King seiner Entschuldigung die hohen eigenen, Standards, die strenger als das Gesetz seien, vorschiebt? In den ersten zehn Sekunden eines Webvideos gehen nach der oben bereits genannten TubeMogul-Studie bereits 10% des Web-Publikums verloren. Bei besonders kritischen Zuschauern kann man damit erst recht wertvolle Aufmerksamkeit verspielen. Andreas Bork beginnt mit der Auflistung konkreter Maßnahmen erst ab der 20. Sekunde. Dort werden noch mehr User das Video schon nicht mehr schauen.
  • Welchen argumentativen Wert haben die eigenen Standards? Leider haben sie bei YiKo nicht gegriffen. Wir brauchen nicht päpstlicher als der Papst zu sein, aber unwirksame Standards tragen wenig Substanz zur Entschuldigung bei. Vielleicht könnte ein klein wenig mehr Demut eine noch bessere Wirkung erzielen.
  • In die gleiche Kategorie fällt leider auch das Hochloben der Mitarbeiter. Sicher ist es nicht fair, wenn sich viele Mitarbeiter zu unrecht die Kritik anhören müssen, für die sie nicht verantwortlich sind. Allerdings frage ich mich, ob diese Argumentation zu einem Skandal passt, der in den eigenen Reihen ausgelöst wurde. Womöglich hätte Bork seine Mitarbeiter ebenso gut mit einer der defensiven Aussage hinter sich scharen können, in der er betont, dass nicht alle Mitarbeiter und Filialen so arbeiten, wie es die Reportage für bei Filialen der YiKo Holding festgestellt hat.
  • Es bleibt leider intransparent, welche Aufgaben der Gästebeirat übernehmen wird. Um mehr zu erfahren, wird man eigene Recherchen auf der Homepage von Burger King Deutschland anstellen müssen. Den Usern wird kein konkreter Direktlink zu weitere ausführlichen Informationen gegeben. Diese engagierte Recherchehaltung ist unter den gegebenen Umständen, bei viele Nutzer wütend sind, vielleicht etwas eine zu hohe Erwartung.

Abzuwarten ist, ob die Maßnahmen, besonders aber die Überprüfungen und der Gästebeirat wirklich Änderungen erzielen werden. Diesen Beweis wird Burger King wohl oder übel langfristig antreten müssen. Dies könnte man mit der Planung weiterer Aufklärungsarbeit in Form von langfristigen Kampagnen stützen. Das Beispiel dieser professionellen Krisenkommunikation von Burger King sucht dennoch unter den vielen Fällen von Social Media Krisen seinesgleichen, und ist damit bereits jetzt unter Vorbehalt als Best Practice einzuordnen.

Daumen hoch Burger King Deutschland, weiter so!

Update vom 19.11.2014: Burger King schließt alle Filialen der Yi-Ko Holding

Die harte Linie wird eingehalten. Burger King hat nach wiederholten Verstößen der Yi-Ko Holding gegen den Maßnahmenplan alle Verträge des Franchise-Nehmers gekündigt. Das bedeutet, dass alle 89 Restaurants mit sofortiger Wirkung geschlossen werden. Welche Filialen das sind, kann man in einer von Burger King veröffentlichten Liste nachlesen. In einer Pressemitteilung schreibt Burger King Deutschland:

Trotz der anfänglichen Erfolge musste BKE feststellen, dass die Yi-Ko erneut gegen die getroffenen Vereinbarungen verstieß. Dies beinhaltete unter anderem, dass der ehemalige Geschäftsführer der Yi-Ko fortwährend Einfluss auf das Tagesgeschäft nahm, dass wiederholt gegen Arbeitsverträge verstoßen wurde und dass die Schichten der Restaurants unterbesetzt waren. Basierend auf den Ergebnissen unserer eigenen Untersuchungen und den wiederholten Verstößen gegen die Vereinbarungen durch die Yi-Ko, hat BKE den Entschluss gefasst, alle Franchiseverträge mit der Yi-Ko mit sofortiger Wirkung zu beenden.

„Die Kündigung stellt für uns nur den letzten Schritt dar“, sagt Andreas Bork, Vice President & General Manager, Burger King Central Europe. „Leider mussten wir aufgrund der wiederholten Verstöße der Yi-Ko gegen operative und arbeitsrechtliche Standards sowie der daraus resultierenden Rufschädigung feststellen, dass die Yi-Ko kein Teil der BURGER KING® Gemeinschaft bleiben kann.“

Beeindruckend ist auch, dass die Reaktion von Burger King zeitgleich und mit authentischer, persönlicher Web-Tonalität auch auf dem YouTube-Channel von Burger King Deutschland gespielt wird.

*Video leider nicht mehr verfügbar*